Anton Schäfer: Ein engagiertes (Musiker)Leben
Das Leben von Anton Schäfer, der am 5. Mai 1898 in Hüsten geboren wurde, bestand hauptsächlich aus Musik aber auch aus sozialem Engagement. Bereits in frühester Jugend zog er zusammen mit seinem Vater und einem Bauchladen über Land, da sein Vater blind war. Damit half er, den Lebensunterhalt der Familie mitzusichern.
Im Alter von 13 Jahren begann Anton Schäfer im April 1912 unter dem Leiter des Orchesters der Gewerkschaftskapelle Hüsten, Rudolf Weber, Unterricht im Violinspiel und dem Spielen des Althorns. Das Geld für den Musikunterricht verdiente er sich durch Kegel aufstellen in der Gaststätte „Schwarte“ in Hüsten. Bis zum 1. Mai 1917 war Anton Schäfer Mitglied dieser Kapelle, als er dann zum Militär einberufen wurde.
Nachdem Anton Schäfer den 1. Weltkrieg als Artillerist an der Westfront in Flandern und Frankreich unbeschadet überstanden hatte, fand er ab 1919 in Hüsten eine Anstellung als Kellermeister bei der Likörfabrik Josef Westhoff, die den bekannten Magenbitter herstellte. Nebenbei verdiente sich Anton Schäfer zusätzliches Geld im Hüstener Kino, wo er mit seiner Geige die damaligen Stummfilme musikalisch begleitete. Begeistert durch die Musik gehörte A. Schäfer 1919 zu den Gründungsmitgliedern der Mandolinen Konzert Gesellschaft Hüsten.
Am 27. Mai 1922 heiratet Anton Schäfer in der St. Urbanus Kirche die gebürtige Voßwinklerin Karoline Reiter. Durch diese Beziehung, die erst mit dem Tod seiner Frau im April 1991 endete, fand Anton Schäfer über Bachum, wo die beiden ersten Kinder geboren wurden, seinen Weg nach Voßwinkel. Die Familie Schäfer wohnt seit 1924 in Voßwinkel, zuerst 1934 im Sartorius-Haus in der Alscherstr. wo das dritte Kind geboren wurde. Das vierte und letzte Kind kam 1937 in der damaligen Mittelstraße (heute Fuchswinkel) auf die Welt. Im selben Jahr wurde mit dem Hausbau in der Südstraße begonnen, wo heute noch das dritte Kind wohnt. Von den vier Kindern leben heute noch zwei.
Später, nach seiner Anstellung bei der Fa. Westhoff, arbeitete A. Schäfer als Rohrzieher bei der Firma Wurag Rohr GmbH in Wickede, wo er u.a. 1931 mit half, das Deutsche Rote Kreuz Wickede aufzubauen. Als während der Weltwirtschaftskrise 1929 die Not so groß wurde, verdingte er sich als Straßenmusikant, um zusätzlich Geld zu bekommen. Dabei zog es ihn mit seiner Geige hauptsächlich in die Straßen von Hemer. Auch half er bei den Oesberner Musikanten mal aus, einfach nur, um ein paar Eier für die Familie zu bekommen.
Natürlich spielte weiterhin die Blasmusik mit eine wichtige Rolle. Kurz nach der Gründung des Musikvereins Voßwinkel im Jahr 1920 trat Schäfer der Kapelle bei, die er in späteren Jahren noch maßgeblich prägen sollte. Anton Schäfer war auch als Geiger, Althornist und großer Trommelschläger bei der freiwilligen Bürgerfeuerwehr in Hüsten tätig. Sein damaliger Kapellmeister Willy Lange bescheinigte ihm im Dezember 1933 eine gute musikalische Arbeit und sogar ein sehr gutes Führungsverhalten.
Anton Schäfer musste auch im II. Weltkrieg seinen Dienst leisten. Er wurde jedoch bereits 1941 zum einen aus Altersgründen, zum anderen, weil zu Hause Frau Karoline und die vier Kinder warteten, entlassen.
Während der Besatzungszeit spielte er dann jede Woche in Wickede vor amerikanischen und britischen Soldaten. Auf Schloss Höllinghofen hörten ihm dann die Offiziere zu.
Der Musikverein spielte bis 1939 unter der Leitung von Josef Düllberg. In den folgenden Kriegsjahren musste der Spielbetrieb eingestellt werden, zum einen, weil sich der Verein nicht der politischen Lage unterordnen wollte, zum anderen weil der Krieg seinen Tribut an Mann und Leben forderte.
Im Jahr 1947 kam es dann zu der bereits bekannten Wiederaufnahme der Blasmusik in Voßwinkel. Anton Schäfer begann mit drei Mann in der Küche seines Hauses in der Südstraße. Obwohl während der Kriegszeit alle vereinseigenen Instrumente beschlagnahmt wurden, konnte mit einigen Instrumenten die ersten Proben gespielt werden. U.a. mit einem alten Streichbass, der während einer Küchenprobe mit einem lauten Knall kaputt ging, da er vom Holzwurm total zerfressen war. Im Laufe der Zeit kamen neue und auch altbekannte Leute so wie: Franz Weische, Hubert Hallermann, Franz Neuhaus, Spiekers Minnes, Heinrich Neuhaus und Ferdinand Filthaut, der u.a. zu den Gründungsmitgliedern vom Musikverein gehört, hinzu.
Während der Proben in Schäfers Küche musste immer wieder der Hund Moritz draußen angebunden werden, da der von der Musik so begeistert war. Ob das an der Qualität der Musiker lag?
In der Zwischenzeit wurde der Probenort von der Küche in den Gasthof Unger verlegt. 1955 kam es schließlich zur offiziellen “Wiederbelebung“ des Musikvereins mit ersten Auftritten am Stangenabend zum Schützenfest und auch bei Prozessionen in Voßwinkel. Dabei halfen auswärtige Musiker, wie der Bergheimer Klarinettenspieler Westhoff, der langjährige Dirigent der Wickeder Musikanten August Weißmüller oder August Plümper aus Oesbern mit aus.
Anton Schäfer leitete danach jahrelang weiter als Kapellmeister den Musikverein Voßwinkel. Im Jahr 1974 wurde ihm in der Jahreshauptversammlung des Vereins für mehr als 50 Jahre Förderung der Volksmusik sogar die Bundesfördermedaille in Gold am Band mit Urkunde und Ehrennadel, die höchste Auszeichnung des Volksmusikerbundes, verliehen. Eine Ehre, die bis 1988 insgesamt nur drei Personen im Sauerland zuteil wurde. Den Dirigentenstab gab Anton Schäfer dann nach 65 Jahren aktiver musikalischer Tätigkeit an seinen Nachfolger Fred Langer weiter. Vom Musikverein wurde er zum bisher einzigen Ehrendirigenten ernannt. Dafür ließ sich der Verein nicht lumpen und schenkte Anton Schäfer eine goldene Dirigentennadel im Wert von sage und schreibe 3,50 DM.
In der Zeit danach verfolgte er sehr intensiv das Geschehen im Musikverein und bildete weiter Musiker aus, da ihm die Schulung junger Musiker sehr am Herzen lag.
Selbst heute noch ist der Einfluss von Anton Schäfer in der Kapelle zu spüren. Unsere Musiker Thomas Herbst hat als einer der letzten Musikschüler unter ihm Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts das Musizieren erlernt.
Ein letztes Mal stand Anton Schäfer im Mai 1987 als Dirigent vor seinem Musikverein, als dieser zum „Polterabend“ in Schäfers Garten anlässlich der Eisernen Hochzeit am 27. Mai 1987 mit seiner Frau Karoline aufspielte.
Am 30. Mai 1992 verstarb Anton Schäfer im Alter von 94 Jahren nach einem langen und sicherlich auch in jeder Hinsicht erfüllten Leben.
Voßwinkel im September 2014
Quellen: Familie Schäfer, Kirchenregister, Zeitungsberichte
Text: Olaf Küstner